Geschichte und Entwicklung des Konzepts Gender Mainstreaming
Die Wurzeln von Gender Mainstreaming liegen in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Gegen Ende der 90er Jahre etablierte sich dieses Konzept auf Ebene der Europäischen Union. Im Folgenden sehen Sie die wichtigsten Stationen der Entstehungsgeschichte von Gender Mainstreaming.
1985
Bei der 3. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen in Nairobi wird die Berücksichtigung der Geschlechterperspektive als neue politische Strategie erstmals vorgestellt. Der Begriff Gender Mainstreaming wird zwar noch nicht verwendet, aber der „Gender-Ansatz“ wird beschrieben: “Frauen sollen ein integraler Bestandteil des Prozesses des Definierens von Zielen und der Gestaltung von Entwicklung sein (…) Organisatorische und andere Mittel, die Frauen befähigen ihre Interessen und Präferenzen in die Auswertung und Wahl von alternativen Entwicklungszielen einzubringen, sollten identifiziert und unterstützt werden. Dies würde spezifische Maßnahmen beinhalten, die so konzipiert sind, dass sie Frauen in den Mainstream des Entwicklungsprozesses bringen auf gleicher Basis mit Männern.“ (UN 1986)
1987
1987 forderte die Kommission der Vereinten Nationen über die Rechte der Frau alle Organe der Vereinten Nationen auf, ein umfassendes politisches Konzept für die Gleichstellung von Frauen und Männern zu entwickeln.
1993
In der Strukturfondsreform von 1993 wurde Chancengleichheit als Gemeinschaftsziel in die Rahmenverordnung aller Fonds aufgenommen.
1995
„Gender Mainstreaming“ wird bei der 4. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen in Peking als Querschnittthema bekräftigt. Es wird gefordert, dass Frauen in die Umwelt- und Entwicklungsaktivitäten integriert werden und an allen Entscheidungsprozessen teilnehmen. Außerdem wird festgelegt, dass die unterschiedlichen Auswirkungen von Maßnahmen auf Frauen und Männer geschlechterspezifisch zu analysieren sind, bevor Entscheidungen getroffen werden: „Governments and other actors should promote an active and visible policy of mainstreaming a gender perspective in all politics and programmes so that before decisions are taken, an analysis is made of the effects on women and men, respectively.“ (UN 1995)
Die Weltfrauenkonferenzen bewirken, dass für die Arbeit der Vereinten Nationen die Umsetzung von „Gender Mainstreaming“ in allen Maßnahmen und Programmen verpflichtend wird.
1996
Die Europäische Kommission verpflichtet sich der Strategie „Gender Mainstreaming“. Im Februar 1996 gibt die Kommission das Mitteilungsblatt „Einbindung der Chancengleichheit in sämtliche politische Konzepte und Maßnahmen der Gemeinschaft“ heraus.
Im 4. EU-Aktionsprogramm für die Chancengleichheit von Männern und Frauen (1996-2000) wird Gender Mainstreaming zu einem zentralen Thema.
1998
Der Europarat gibt eine Definition zu „Gender Mainstreaming“ heraus.
Das 5. Forschungsprogramm der EU integriert Gender Mainstreaming.
1997
Im Amsterdamer Vertrag wird die Strategie Gender Mainstreaming auf EU-Ebene rechtlich verankert. Er verpflichtet die Mitgliedsstaaten zu einer aktiven Gleichstellungspolitik im Sinne des Gender Mainstreaming-Ansatzes. Er tritt 1999 in Kraft. Durch den Artikel 2/3 des Vertrages wird Gender Mainstreaming in das Primärrecht der EU aufgenommen.
Gender Mainstreaming wird in den beschäftigungspolitischen Leitlinien der EU (Leitlinie 19) – Verbesserung der Beschäftigungschancen, Entwicklung des Unternehmergeistes, Förderung der Anpassungsfähigkeit der Unternehmen und ihrer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie Stärkung der Maßnahmen für Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt – festgeschrieben. Die Umsetzung dieser Leitlinien in den Nationalen Aktionsplänen für Beschäftigung der einzelnen Mitgliedsstaaten wird von der Kommission jährlich geprüft und bewertet.
2000
In der Mitteilung der Kommission über die Strukturfonds und ihre Koordinierung mit dem Kohäsionsfonds (Leitlinien für die Programme des Zeitraums 2000-2006) wird Chancengleichheit als ein horizontaler Grundsatz für die Strukturfonds festgelegt. Ein Mainstreaming-Konzept zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern ist demnach in alle Strukturfondsprogramme aufzunehmen.
2006
Der „Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2006-2010“ legt folgende zentrale Aktionsbereiche für die Gleichstellung von Frauen und Männern fest:
Gleiche wirtschaftliche Unabhängigkeit für Frauen und Männer, bessere Vereinbarkeit von Beruf, Privat- und Familienleben, Förderung der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Entscheidungsprozessen, Bekämpfung geschlechterbezogener Gewalt und geschlechterbezogenen Menschenhandels, Abbau von Geschlechterstereotypen in der Gesellschaft, Förderung der Gleichstellung außerhalb der EU. |
2007
Europäisches Jahr der Chancengleichheit für alle
2008
Am 20. Dezember 2006 wurde die Verordnung zur Einrichtung eines Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen verabschiedet, das spätestens am 19. Januar 2008 seine Arbeit in Vilnius/Litauen aufnehmen wird. Das Institut wird folgende Aufgaben haben:
Objektive, belastbare und vergleichbare Daten zur Gleichstellung von Männern und Frauen zu sammeln, zu analysieren und zu verbreiten, Untersuchungen zur Situation der Gleichstellung in Europa durchzuführen und zur Unterstützung seiner Forschungsarbeit Sitzungen mit Sachverständigen zu organisieren, den Austausch von Informationen in der Forschung zu unterstützen, Konferenzen, Kampagnen und andere Veranstaltungen mit den Beteiligten auf europäischer Ebene durchzuführen. |
Ausblick
Neben diesen Entwicklungen auf Ebene der Europäischen Union bekommt die Strategie Gender Mainstreaming auch in den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU eine immer größere Bedeutung und wird zunehmend in mehr Bereiche integriert.